Sie war radikale Frauenrechtlerin, scharfsinnige Juristin und engagierte Pazifistin: Anita Augspurg. Mit ihrer Lebensgefährtin Lida Gustava Heymann mischte sie nicht nur die Männerwelt in Kaiserzeit und Weimarer Republik gehörig auf. Anlass genug für Bianca von Frauen von damals und Jasmin von HerstoryPod, sich für eine Podcast-Folge zusammenzutun. Sie hatten sich viel zu erzählen.
Als Anita Augspurg am 22. September 1857 in Verden/Aller geboren wurde, deutete noch nichts darauf hin, dass sie einmal zu einer von Deutschlands berühmtesten Juristinnen werden sollte. Das Abitur zu machen, zu studieren, gar einen Doktortitel zu führen, war für Frauen damals nicht vorgesehen.
Ehefrau zu werden war allerdings nicht die Karriere, die die junge Anita sich vorstellte. Über das Lehrerinnenseminar und eine kurze Karriere als Schauspielerin kam sie zunächst zum Beruf der Fotografin: Mit ihrer ersten Lebensgefährtin Sophia Goudstikker (1865-1924) zog sie nach München und eröffnete dort ein Fotoatelier. Das rein weiblich geführte „Hof-Atelier Elvira“ mit seinen kurzhaarigen, Reformkleider tragenden Inhaberinnen war bald Stadtgespräch. Die beiden Frauen engagierten sich auch in der Frauenbewegung, traten einem Frauenbildungsverein bei und gründeten mit der Frauenrechtlerin Ika Freudenberg die „Gesellschaft zur Förderung geistiger Interessen der Frau“.
Aber Anita Augspurg wollte mehr: 1893 ging sie nach Zürich zum Jura-Studium. Die Situation der Frauen, so ihre feste Überzeugung, würde sich nur verbessern lassen, wenn Frauen bürgerliche Rechte erhielten. Und um sich diese zu erkämpfen, mussten sie sich im Rechtswesen auskennen.
Ab der Jahrhundertwende bildeten die frischgebackene Dr. jur. und ihre zweite Lebensgefährtin Lida Gustava Heymann dann ein schlagkräftiges Team, das leidenschaftlich für Frauenrechte, Demokratie und Frieden kämpfte. Die beiden gründeten (gleich mehrere) Stimmrechtsvereine und Zeitschriften, organisierten Demonstrationen und Kampagnen und waren 1915 Mitorganisatorinnen der internationalen Frauenfriedenskonferenz in Den Haag. Nebenbei führten sie in ihrer Wahlheimat Bayern einen landwirtschaftlichen Betrieb und gaben mehreren Hunden sowie dem Eselspärchen Tristan und Isolde ein liebevolles Zuhause.
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Aber das ist noch lang nicht alles. Wie viel es zu diesen zwei facettenreichen, unerschrockenen und prinzipienstarken Frauen zu sagen gibt, hört ihr in dieser Sonderfolge HerstoryPod meets Frauen von damals – auch im Podcast-Player eurer Wahl unter „Frauen von damals“ oder hier direkt auf der Hosting-Seite.
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Literatur:
Augspurg, Anita: Rechtspolitische Schriften. Kommentierte Studienausgabe. Herausgegeben und kommentiert von Christiane Henke, Köln 2013.
Cauer, Minna: Briefe an Muschka von Witt (Archivgut), IISG Amsterdam, Minna Cauer Papers Nr. 79.
Cauer, Minna: Tagebuch (Archivgut), IISG Amsterdam, Minna Cauer Papers, Nr. 71.
Henke, Christiane: Anita Augspurg, Reinbek 2000.
Heymann, Lida G.: Erlebtes, Erschautes: Deutsche Frauen kämpfen für Freiheit, Recht und Frieden 1850–1940, hg. v. Margrit Twellmann. Meisenheim 1977.
Heymann, Lida G.: „Offener Brief an die Redaktion der Zeitschrift für Frauenstimmrecht“, in: Zeitschrift für Frauenstimmrecht, Beilage zu Die Frauenbewegung, 20. Jg., Nr. 26 (1. Oktober 1914), S. 49-50.
Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg (1857–1943). Feministin und Pazifistin zwischen Journalismus und Politik. Eine kommunikationshistorische Biographie, Herbolzheim 2005